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PVPROG-Funktion

Die steigende PV-Durchdringung im Netz führt zu hohen Gradienten und vor allem zur Mittagszeit zu großen Spitzen der Einspeisung und somit zu einer Belastung der Verteilnetze. Batteriespeicher können hierbei einen positiven Betrag leisten. Die gängige Praxis der auf hohe Eigenversorgung ausgelegten Ladestrategie, bei der möglichst alle Überschüsse direkt gespeichert werden, leistet jedoch kaum einen Beitrag zur Reduktion der Einspeisespitzen. Aus diesem Grund werden PV-Batteriespeichersysteme vermehrt nur noch unter der Bedingung gefördert, dass die Netzeinspeisung auf einen bestimmten Anteil der installierten PV-Nennleistung begrenzt wird. Durch die Einbindung von PV- und Lastprognosen kann die Beladung der Batterie in die Mittagszeit verschoben werden, sodass die Netzeinspeiseleistung durch das Speichersystem begrenzt wird. Hierdurch können Abregelungsverluste deutlich verringert werden.

Mit der frühzeitigen Batterieladung, zu sehen auf der nächsten Abbildung links, wird die Batterie geladen, sobald die PV-Leistung die Last übersteigt. Erreicht die Batterie ihren vollen Ladezustand, kommt es zu einem abrupten Anstieg der Einspeiseleistung. Alle PV-Überschüsse, die über die Einspeisegrenze hinausgehen, werden abgeregelt. Durch die Einbindung von vor Ort erstellten, messwertbasierten PV-und Lastprognosen wird durch den PVprog-Algorithmus eine dynamische Einspeisegrenze ermittelt, ab der die Batterie geladen wird erkennbar auf der nächsten Abbildung rechts). Durch die zeitliche Verschiebung der Batterieladung in die Mittagszeit kann somit eine Verringerung der Abregelungsverluste und trotzdem weiterhin eine hohe Eigenversorgung realisiert werden. Der Algorithmus ist frei verfügbar und kann darüber hinaus auch kommerziell verwendet werden.

Quelle: https://pvspeicher.htw-berlin.de/pvprog

Abbildung: Verlauf der Leistungsflüsse in einem Haushalt mit frühzeitiger Batterieladung (links) und mit prognosebasierter dynamischer Batterieladung (rechts) und einer Einspeisebegrenzung auf 50 % der PV-Nennleistung

Funktionsweise

Um PV-Erzeugungs- und Lastprognosen mit für die Batterieladeplanung hinreichender Genauigkeit zu erhalten, ohne auf eine externe Kommunikationsinfrastruktur zurückgreifen zu müssen, wird im PVprog-Algorithmus die sogenannte adaptive Tagespersistenz umgesetzt. Für die PV-Prognosen wird auf die historische Erzeugung sowie auf eine Abschätzung des theoretischen Verlaufs der historischen Erzeugung bei klarem Himmel zurückgegriffen. Aus dem gewählten Persistenz- Zeitfenster wird der Quotient aus den jeweiligen Energiemengen gebildet und als Skalierungsfaktor für den theoretischen wolkenfreien Verlauf im Prognosehorizont verwendet. Zu jedem Optimierungszeitpunkt (standardmässig alle 15 Minuten) wird die PV-Prognose aktualisiert.

Abbildung: Dynamische Anpassung der PV-Persistenz-Prognose im Laufe des Tages

Für die Lastprognosen wird eine Tagespersistenz gebildet und mit einer Persistenz des Mittelwertes der letzten 15 Minuten über den Prognosehorizont hinaus variabel gewichtet. So wird die kurzfristige Prognose anhand von kurzzeitigen Lastspitzen dynamisch angepasst, während die gesamte Prognose energetisch mit der Last des Vortages übereinstimmt.

Abbildung: Dynamische Anpassung der Lastprognose im Laufe des Tages

Die Batterieladeoptimierung erfolgt iterativ. Anhand des Ladezustandes wird über den Prognosehorizont eine virtuelle Einspeisegrenze bestimmt, die schrittweise herabgesetzt wird, bis die Energiemenge oberhalb der Grenze ausreicht, um die Batterie möglichst vollständig zu laden. Diese Grenze wird zu jedem Optimierungszeitpunkt anhand der aktualisierten Prognosen angepasst. Auf dieselbe Art und Weise kann mit dem PVprog-Algorithmus die Batterieentladung so optimiert werden, dass möglichst viele Lastspitzen abgefangen werden.

Abbildung: Dynamische Anpassung der Batterielade- und Entladeplanung im Laufe des Tages

Um die Vorgabe der Netzeinspeisung zu erreichen, wird die vorgegebene Ladeleistung kontinuierlich um die Differenz zwischen den Prognosen und den aktuellen Messwerten korrigiert. Durch die regelmäßige Aktualisierung der Batterieladeplanung können aktualisierte PV- und Lastprognosen berücksichtigt und Abweichungen des Ladezustandes zwischen dem korrigierten Fahrplan und dem ursprünglichen Fahrplan ausgeglichen werden.

Anwendung in Polysun

Um den Batteriespeicher in Polysun prognosebasiert zu steuern, müssen die PV-Leistung (AC ohne Abregelung) und die Last über die Steuerungseingänge der programmierbaren Steuerung abgerufen werden. Wahlweise kann auch die Einspeisebegrenzung mit direkter Eingabe oder per Steuerungseingang übergeben werden. Mit einer Eingabe von  können die Einspeisebegrenzung und die Lastbegrenzung jeweils deaktiviert werden. Damit es zu keinen Problemen bei der Erstellung der Prognosen kommt, sollte die Funktion in jedem Simulationszeitschritt aufgerufen werden. Um dies zu ermöglichen, muss die Variable „TS“ (aktueller Zeitschritt in Sekunden seit Simulationsbeginn) als Parameter übergeben werden. Mehrere Aufrufe der Funktion im selben Simulationszeitschritt haben keinen Einfluss auf das Ergebnis; es wird immer das Ergebnis des ersten aktuellen Aufrufs der Funktion in einem Zeitschritt herausgegeben. Aus diesem Grund ist es nicht möglich, im selben Zeitschritt zwei Instanzen der Funktion mit unterschiedlichen Parametern aufzurufen. Eine Ausnahme besteht jedoch in der Häufigkeit der Aktualisierung der Prognosen und in der Auflösung der Prognosen: Hier jeweils zwei Einstellungen möglich: min und min. Empfohlen ist für die Häufigkeit der Prognose‑Updates min. Mit einer Häufigkeit von min kann die Dauer der Simulation verringert werden. Allerdings ist die Regelung ungenauer und führt zu einer schlechteren Systemperformance. Daher sind Prognoseaktualisierungen im min Intervall nur für grobe Auslegungen von Systemen, in denen die Simulation von mehreren Varianten notwendig ist, empfohlen. Für die Feineinstellung der Systemparameter bzw. für die Endauswertung sollte immer eine Häufigkeit von min verwendet werden.

Für die zeitliche Auflösung der Prognosen, hingegen, sind 15 min empfohlen, um einen möglichst hohen Autarkiegrad zu erreichen. Sollte aus irgendeinem Grund die Einspeise- oder Lastbegrenzung nicht hinreichend genau eingehalten werden (was in den seltensten Fällen zu erwarten sein sollte), kann die Auflösung der Prognosen auf min erhöht werden. Zu beachten ist, dass die Auflösung der Prognosen nicht auf eine kleinere Zeit gesetzt werden kann als deren Aktualisierungshäufigkeit. Wird eine der beiden Größen in der Funktion falsch eingegeben, wird (aus technischen Gründen ohne Warnung) der jeweilige empfohlene Wert eingesetzt.

Als Persistenz-Zeitfenster, in das für die Erstellung der PV-Prognosen zurückgeschaut wird, werden für stabile Ergebnisse 3 h empfohlen. Ein niedrigeres Zeitfenster führt zu einer schnelleren Anpassung der virtuellen Einspeisegrenzen, kann jedoch auch zu starken Schwankungen der Ladeleistungsvorgabe führen. Mit einem größeren Zeitfenster variieren die virtuellen Einspeise- und Lastgrenzen weniger; ein zu großes Zeitfenster führt allerdings zu einer hohen Trägheit der Regelung. Für die Begrenzung der Netzeinspeisung empfiehlt sich erfahrungsgemäß ein Prognosehorizont von 15 h und für die Begrenzung des Netzbezuges ein Horizont von 24 h. Persistenz-Zeitfenster und Prognosehorizont werden bei Fehleingaben automatisch und ohne Warnung auf die Grenzen [0 h, 24 h] beschränkt.

Bei gleichzeitiger Begrenzung der PV‑Einspeisung und des Netzbezuges können zwei Instanzen der PVPROG-Funktion aufgerufen werden (siehe Standardvorlage 50q). Dies ist möglich, weil die Be- und Entladung der Batterie nie im selben Simulationszeitschritt erfolgt. Dies kann jedoch gegenüber einem System, in dem nur die Netzeinspeisung oder der Netzbezug begrenzt wird, verstärkt zu einer Verschlechterung der jeweiligen Ergebnisse führen, da sich Prognosefehler negativ auf die zu den jeweiligen Begrenzungen zur Verfügung stehende Batteriekapazität auswirken können. In Einzelfällen kann sich die Kombination allerdings rentieren. Um optimale Ergebnisse zu erzielen, ist die Verwendung von Wetter- und Lastdaten mit einer Auflösung von 1 min (höchstens 15 min) zu empfehlen und damit die PV‑Prognosen zu Beginn der Simulation vollständig initialisiert sind, sollten vorausgehend 10 Tage simuliert werden.