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Kollektormodell nach Europäischer Norm (EN)

Der Verlauf des Wirkungsgrades eines Kollektors wird durch die sogenannte „Wirkungsgradkennlinie“ dargestellt. Als Variabel wird die Temperaturdifferenz (der mittleren Kollektortemperatur Tm und Aussentemperatur Ta), geteilt durch die totale eingestrahlte Energiemenge Gk, verwendet: \(x = \frac{(T_{m} – T_{a})}{G_{k}}\).

Damit ergibt sich für einen normalen verglasten Flachkollektor das folgende Bild:

Abbildung: Wirkungsgradkennlinie eines verglasten Flachkollektors. Der Wirkungsgrad nimmt ab, je höher die Kollektortemperatur ist. Die Bestrahlungsstärke beträgt Gk = 800 W/m2

Dieser Kurvenverlauf lässt sich gut durch ein Polynom zweiter Ordnung beschreiben. Dieses ist durch drei Parameter, c0, c1 und c2, eindeutig bestimmt (oder durch η0, a1, a2; Werte gemessen bei Windgeschwindigkeiten von 2-4 m/s):

\(\eta(x) = \ c_{0} – \left( c_{1} \cdot x \right) – (c_{2} \cdot G_{k} \cdot x^{2})\)

c0 ist der Wirkungsgrad, wenn die mittlere Kollektor- und die Umgebungstemperatur identisch sind. Dieser Wert soll also möglichst hoch sein. c1 und c2 drücken eine Kombination der verschiedenen Verlustfaktoren aus. Bei einem gut isolierten Kollektor sind diese Werte möglichst tief.

Für den Betrieb einer Solaranlage muss man nun einen gewissen Kompromiss eingehen. Zum einen möchte man den Kollektor bei einem möglichst hohen Wirkungsgrad betreiben können, zum anderen sollte das erzeugte Warmwasser eine Temperatur von 50-60 °C haben. D.h. man kommt nicht umhin, den Kollektor auch bei diesen Temperaturen zu betreiben.

Aus diesen Gründen ist es einfach zu verstehen, weshalb Sonnenenergie für grössere Gebäude oft als Wasservorwärmer genutzt wird. Wenn Kaltwasser von 10 °C auf 30 °C erwärmt wird, läuft ein Kollektor auf einem sehr hohen Wirkungsgrad. Vom Energieaufwand her spielt es keine Rolle, ob Wasser von 10 °C auf 30 °C, oder von

30 °C auf 50 °C erwärmt wird. Somit ist der Ertrag der Kollektoren bei der Vorwärmung sehr hoch. Solche Anlagen können sich bereits nach wenigen Jahren bezahlt machen.

Wie oben bereits kurz erwähnt, gibt es drei Grundklassen von Kollektoren. Sie unterscheiden sich unter anderem in der Wirkungsgradkennlinie:

  • Verglaste (abgedeckte) Flachkollektoren: c0 = 0.75-0.85, c1 = 3-6 W/m2/K
  • Röhrenkollektoren: c0 = 0.65-0.80, c1 = 1-2 W/m2/K
  • Unverglaste (nicht-abgedeckte) Flachkollektoren: c0 = 0.90-0.95, c1 = 10 W/m2/K

Die Grafik zeigt die jeweils leistungsstärksten Modelle dieser drei Kollektor-Typen:

Abbildung: Verlauf der Wirkungsgradkennlinie verschiedener Kollektor-Typen: unverglaster Flachkollektor (steilste Linie), verglaster Flachkollektor, Röhrenkollektor (flachste Linie).

Ein Wert von x = 0.10 m2K/W entspricht bei einer Einstrahlung von 800 W/m2 einem Temperaturunterschied von \(T_{m} – T_{a} = 80\ {^\circ}C\). Der gezeigte Röhrenkollektor besitzt bei diesen Betriebsbedingungen noch einen Wirkungsgrad von 60 %, der abgedeckte Kollektor noch einen solchen von 40 %, während der unverglaste Kollektor diese Temperaturen gar nicht mehr erbringen kann.

Kollektormodell für nicht-abgedeckte Kollektoren

Nach neuer Messnorm (EN 12975) werden nicht-abgedeckte Kollektoren mit einem zusätzlichen Parameter versehen. Die Funktionskurve des Wirkungsgrades erhält folgende Form:

\(\eta = \eta_{0} \cdot \left( 1 – b_{u} \cdot u \right) – \frac{\left( b_{1} + b_{2} \cdot u) \cdot (t_{m} – t_{a} \right)}{G“}\)

Die Koeffizienten η0, bu, b1 und b2 sind durch Anpassung einer Kurve zu ermitteln. G“ ist die gesamte einfallende Bestrahlungsstärke, die nachfolgender Gleichung bestimmt wird:

\(G^{“} = G_{k} + (\frac{\varepsilon}{\alpha})(E_{L} – \ {\sigma T}_{a}^{4})\)

EL ist die in der Kollektorebene gemessene lang wellige Bestrahlungsstärke und Ta die Umgebungstemperatur. Für ε/α ist 0.85 zu setzen, falls vom Hersteller nicht anders angegeben.

Eingabeparameter

Die massgebenden Parameter, die die Leistung eines Kollektors beschreiben, umfassen nebst der Absorberfläche A, den Wirkungsgradparametern c0, c1 und c2 und den IAM-Werten KCH1 und KCH2 auch die spezifische Wärmekapazität des Kollektors. Letztere Grösse drückt aus, wie gross die „thermische Trägheit“ des Kollektors ist: besitzt ein Kollektor eine grosse Wärmekapazität, so dauert es länger, bis ein gewisses Mass an Sonneneinstrahlung den Kollektor erwärmt hat. Auf der anderen Seite gibt der Kollektor auch noch Wärme an das Fluid ab, wenn die Sonne gerade durch eine Wolke verdeckt wird. Ein Kollektor mit kleiner Wärmekapazität reagiert schneller auf Veränderungen der Einstrahlungsintensität.

In vielen Fällen ist die Orientierung des Kollektors durch die Neigung des Daches und die Ausrichtung des Giebels vorgegeben. Es stellt sich allenfalls die Frage, ob der Kollektor nach Osten oder Westen (wenn keine Südausrichtung möglich ist) oder ob ein Kollektor in die Fassade integriert werden soll. Bei Flachdächern lassen sich aber Ausrichtung und Anstellwinkel frei wählen. Dort stellt sich im Besonderen die Frage, bei welchem Winkel der optimale Jahresertrag erzielt werden kann. Soviel vorweg: es gibt darauf keine eindeutige Antwort. Je nach Wasserverbrauch, Speichergrösse, Klima und vielen weiteren Randbedingungen kann die optimale Ausrichtung stark differieren.

Zur Wahl der Ausrichtung steht in Polysun folgender Dialog zur Verfügung:

Abbildung: Dialogfenster zur Festlegung der Kollektorausrichtung. Anstellwinkel und Orientierung können einzeln oder gemeinsam, für einzelne Monate oder das gesamte Jahr, optimiert werden. Für jede gewählte Ausrichtung können BWE-Tabellen berechnet werden. Röhrenkollektoren können hoch- oder quergestellt werden.

Kollektor-Datenbank-Eintrag in Polysun nach Europäischer Norm

Tabelle: Kollektor-Datenbank nach Europäischer Norm

KollektordatenBeschreibung
Kollektortyp:Kapitel 4.1 beschreibt zwei Modelle für die Berechnung des Kollektorwirkungsgrades. Mit der Eingabe „Flach- oder Röhren-Kollektor“ zählt das Standardmodell mit den Werten eta0, A1 und A2, bei „Unverglast“ das nicht-abgedeckte-Kollektor-Modell mit den Werten b0, b1, b2 und Epsilon/Alpha.
Eta0 laminar (1); bu:„Eta0 laminar“ ist der Wirkungsgrad des Kollektors betrieben bei Umgebungstemperatur und laminaren Strömungsverhältnissen. „bu“ ist der Wind-Reduktionskoeffizient bei nicht-abgedeckten Kollektoren.
Eta0 turbulent:Der Wirkungsgrad des Kollektors betrieben bei Umgebungstemperatur und turbulenten Strömungsverhältnissen.
A1 (ohne Wind) (2); b1:Koeffizient A1 bei Flach- und Röhrenkollektor, bzw. b1 bei nicht-abgedecktem Kollektor Modell.
A1 (mit Wind); b2:Koeffizient A1 bei Flach- und Röhrenkollektor, bzw. b2 bei nicht-abgedecktem Kollektor Modell.
A2; Epsilon/Alpha (3):Koeffizient A2 bei Flach- und Röhrenkollektor, bzw. Epsilon/Alpha bei nicht-abgedecktem Kollektor Modell.
Dynamische Wärmekapazität (4):Gerechneter Wert nach EN 12975-2, Section 6.1.6.2
Nsis-Axis:Die Ausrichtung (Röhrenverlauf bei 90° Elevation horizontal oder vertikal) bei Röhrenkollektoren. Bei Flachkollektoren meist irrelevant.
IAM-Modell:Für die Interpolation bei Flachkollektoren gilt das „Ambrosetti Modell“, beschrieben im Kapitel 1.3. Röhrenkollektoren werden mit einer kubischen Spline interpoliert.
Winkelfaktoren (5):IAM Daten werden über eine Tabelle eingelesen. Azimuth φ und Elevation θ sind in Kapitel 1.3 beschrieben.
Volumen:Gemessener Wert des Fluidvolumens im Kollektor inklusive Sammelrohre.
Innendurchmesser:Innendurchmesser der Wärmeübertragungsrohre im Kollektor. C in Abbildung 15.
Einzel-Rohrlänge (6):Die Länge eines Wärmeübertragungsrohrs im Kollektor. A in Abbildung 15.
Parallele Rohrleitungen:Anzahl parallele Rohrleitungen im Kollektor. 5 in Abbildung 15.
Rohrrauhigkeit:Rauhigkeitsfaktor an der Innenseite.
Linearer Formfaktor:Der Formfaktor eines Rohres liegt je nach Biegungsradius im Bereich 1-1.5. Für gerade Rohre 1.
Widerstandsbeiwert:Der Widerstandsbeiwert bezieht sich auf Druckverluste in Verzweigungen, Ventilen usw. Falls nicht gemessen, wird er Null gesetzt.
Durchsatz im Test (7):Fluiddurchsatz während des Tests. In [l/h] und Kollektor.

Die Werte von Eta0 laminar bis und mit a2 beziehen sich auf die Apertur-Fläche des Kollektors und sind bei einer Strahlungsstärke von 800 W/m2 ermittelt.

(1): Falls keine Angaben bezüglich Eta0 laminar vorhanden sind, gilt Eta0 turbulent = Eta0 laminar.

(2): Nach neuer Norm wird der Koeffizient a1 mit Wind bei 3 m/s Windgeschwindigkeit ermittelt. Der Wirkungsgradparameter c1 ergibt sich wie folgt:

\(c_{1} = a_{1\ ohne\ Wind} + \frac{\left( a_{1\ mit\ Wind} – \ a_{1\ ohne\ Wind} \right)}{(3\ m/s)} \cdot \ v_{Wind} \cdot \ windportion\)

Ist a1 ohne Wind nicht explizit angegeben, wähle a1 ohne Wind 10 % kleiner als a1 mit Wind für Flachkollektoren und 5 % kleiner für Röhrenkollektoren.

(3): \(\frac{\varepsilon}{\alpha}\) = 0.85 setzen, falls vom Hersteller nicht anders vorgegeben.

(4): Die EN 12975-2 schreibt zwei Verfahren zur Ermittlung der dynamischen Wärmekapazität vor; In Annex G ein gemessener Wert und in Abschnitt 6.1.2.1 ein berechneter Wert. Der berechnete Wert ist meistens viel kleiner als der Gemessene. Die Geometrie des Kollektors wird darin nicht berücksichtigt. Trotz der höheren Glaubwürdigkeit des gemessenen Wertes wird in der Praxis und in Polysun der berechnete Wert benutzt.

(5): Winkelfaktor-Tabellen können noch nicht vom Benutzer selbst eingegeben werden. Bei der Erstellung eines Kollektoreintrags soll ein Kollektor mit ähnlichem IAM kopiert werden.

(6): Falls keine Angaben angegeben, messbar oder ersichtlich sind, die Absorber-Breite oder -Länge eingeben.

(7): Durchsatz im Test, Max. Durchsatz, Max. Druck und Maximaltemperatur haben bis auf weiteres noch keinen Einfluss auf die Berechnung.

Abbildung: Kollektormodell (A:Einzel-Rohrlänge, B:Sammelrohre, C:Einzelrohr